Gefühle und Gedanken beobachten

von | 8 Aug, 2023

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Die Gefühle fahren Achterbahn, die Gedanken drehen sich im Karussell. Es ist kaum möglich sich auf etwas zu konzentrieren, sich zu entspannen oder gar einzuschlafen. Immer wieder kommen da diese Gedanken und Gefühle hoch. Wer kennt das nicht? Was geschieht jedoch, wenn wir in diesen Situationen unsere Gefühle und Gedanken beobachten?

Es ist gerade mal 2 Tage her. Ich wachte nachts gegen 02:35 Uhr auf. Gedanken kreisten in meinem Kopf und wollten mich nicht loslassen. Dazu kamen noch diese Gefühle von Angst und Unsicherheit. „Wird alles gut gehen? Schaffe ich das? Was ist, wenn dies oder jenes nicht funktioniert?“ Es ist als ob Teile in mir sich miteinander hochschaukeln. Dazu gesellt sich noch die Stimme, die sagt, dass ich jetzt schlafen sollte. Der Druck und die mulmigen Gefühle werden irgendwie immer mehr.

Beobachter seiner selbst werden

Ein tiefes Ein- und Ausatmen verschafft mir eine kurze Pause. Es ist als ob ein Teil in mir erkennt, dass ich diese Gedanken und Gefühle beobachten kann, ohne Teil von ihnen zu werden. Eine Sekunde war Stille und Vertrauen. Ich erinnere mich an das Buch „Eine neue Erde“ von Eckhart Tolle. Ich bin nicht mein Ego und auch nicht … „Oh man, wie hieß doch gleich wieder der Teil in dem alte Erinnerungen etc. sitzen?“  Die Gedanken und Gefühle sind wieder in voller Lautstärke und Kraft da. Geändert hat sich, dass mir in einem kurzen Moment bewusst wurde, dass ich etwas tun kann, um aus der Achterbahn und dem Karussell auszusteigen.

„Egal wie spät oder früh es jetzt ist. Wer sagt, dass ich jetzt schlafen muss?“ Ich stehe auf, zünde mir eine Kerze an und beschäftige mich mit dieser einen Frage, wie Eckhart Tolle diesen einen Teil genannt hat. Der Teil mit den negativen Erinnerungen. Es war regelrecht erleichternd, als ich las „Schmerzkörper“.  „Hallo Ego, hallo Schmerzkörper“, sagte ich. Stille… Es fühlt sich an, als ob die Gefühle und Gedanken sich ertappt fühlen. Sie verlieren an Stärke, werden schwächer.

Ich nutze diese Pause, um in eine Meditation einzutauchen. „Denken, denken, denken. Fühlen, fühlen, fühlen. …“ Meister Han Shan lehrte mich diese Meditation vor einigen Jahren, als ich ihn bei einem Seminar in Alberschwende kennenlernen durfte. Diese Meditation hilft mir zu festigen, dass ich nicht meine Gedanken und Gefühle, sondern der Beobachter bin. Der Beobachter, der einfach ist. All meine Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen bedürfen nur der kurzen Aufmerksamkeit. Es ist wie eine Form der Wertschätzung. Ja, Angst ich nehme dich war und lasse dich wieder los.

Ich sitze nachts bzw. früh um 4 Uhr noch bei Kerzenschein auf der Eckbank und meditiere. Gedanken kommen und gehen. Gefühle kommen und gehen. Die Momente der Ruhe und Stille werden zunehmend länger, je länger ich meditiere. Kaum habe ich die Stille erkannt, wird sie durch Gedanken ersetzt. Es ist wie ein Kreislauf. Ein Teil in mir versucht zu erfassen, zu verstehen, zu ergründen. Es ist eben scheinbar dieses Ego von dem Eckhart Tolle spricht.

Es ist knapp vor 5 Uhr und aus der Achterbahn- und Karussellfahrt wurde eine Floßfahrt auf einem ruhigen Fluss. Ein Gefühl von Müdigkeit breitet sich aus und ich gehe schlafen.

Vom Ego und dem Schmerzkörper

Das Buch „Eine neue Erde“ von Eckhart Tolle eröffnet eine neue Sicht auf unser Tun und unser Sein. Er spricht von der Gesellschaftskrankheit „Ego“. Dem Teil, der uns stetig zu etwas Besserem, Wertvolleren, Wichtigerem machen will als alle anderen. Der uns weis macht, dass wenn wir diese berufliche Stellung, dieses Auto oder was auch immer haben oder tun, wir höheres Ansehen genießen können. Es lässt Ungleichgewichte, Streitigkeiten, Kriege und so vieles mehr entstehen.

Ich beobachte das Ego in mir immer öfters. Doch es ist schon sehr gerissen dieses Ego. Sogar, wenn ich meine, dass ich jetzt nicht aus dem Ego heraus agiere, so stelle ich meist fest, dass es doch so ist. Wie jetzt gerade, in diesem Moment in dem ich hier schreibe. Es stellt so fragen wie: „Ist das gut so?“, oder macht Feststellungen, dass es etwas als gut empfindet und ein Gefühl von Stolz breitet sich aus. „Das Ego ist trügerisch und versucht immer wieder reinzukommen. Aber ich glaube bei mir hat es schon aufgegeben. Wobei, man kann nie wissen. Aber sagt mit bescheid, falls ich sage: „Ich bin der egoloseste Mensch…“, so Eckhart Tolle in einem Vortrag (siehe Quellenangabe zum Ego).

Erlebe ich den Zustand meines Seins, so ist es mir nicht möglich passende Beschreibungen dafür zu finden. Es ist ein Kribbeln im Körper, ein kraftvolles Empfinden. Ein Flow-Gefühl. Es redet mir nichts ein oder aus, sondern lässt mich einfach wahrnehmen, beobachten, empfinden. Eckhart Tolle beschreibt es auch als das Sein im Hier und Jetzt.

Ach ja, da fällt mir gerade ein, dass es da lt. Eckhart Tolle ja noch den Schmerzkörper gibt. Im Schmerzkörper sind alle schmerzhaften Erinnerungen, unsere Leidenserfahrungen, seit Geburt und darüber hinaus gespeichert. „Der Schmerzkörper ist also auch alte Emotion, die in dir lebt. Die ein fast autonomes Dasein führt. Es ist wie ein fast selbstständiges Wesen, dass in dir lebt. Ein emotionelles Gebilde, eine Energieform“, so Eckhart Tolle in einem Vortrag (siehe Quellenangabe zum Schmerzkörper). Der Schmerzkörper kann für einige Zeit schlafen bzw. unbemerkbar sein. Jedoch benötigt er Nahrung durch Drama, braucht negative Emotion….

Ja, so schließt sich der Kreis. Mein Schmerzkörper erzeugte um 2:35 Uhr Drama in mir und hat sich auch am kommenden Tag bemerkbar gemacht mit leichter Reizbarkeit, Diskussionsfreude und Streitlust. Achtsamkeit ermöglicht den Schmerzkörper in mir und das Ego beobachten zu können und so mich von deren Fesseln zu befreien. Oder, spricht nun schon wieder das Ego aus mir?

Quellangabe:

Tolle, Eckhart (2015). Eine neue Erde: Bewusstseinssprung anstelle von Selbstzerstörung. ARKANA
Tolle, Eckhart über den Schmerzköper Youtube Beitrag
Tolle, Eckhart über das Ego Youtube Beitrag

Shan, Han (2011). Das Geheimnis des Loslassens: Der Schlüssel zu wahrem Glück und innerem Wohlbefinden. BASTEI LÜBBE.

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