Veränderungen im gesellschaftlichen Leben führten bis dato überwiegend zu sehr kontrovers geführten Diskussionen. Stetig haben sich die Lager Pro und Contra gebildet. Seit einigen Jahren ist dies auch in Bezug auf unsere Sprache der Fall. Die Ära des „generischen Maskulinums“ geht zu Ende und wird abgelöst durch das „Gendern“. Interessant ist, dass diese sprachliche Veränderung sehr vielen Menschen sauer aufstößt und zu regelrechten Wortgefechten führt.
Das Thema Gendern wurde von mir bis vor einiger Zeit nicht sehr ernstgenommen. Ehrlich gesagt habe ich die Hintergründe und den Sinn dahinter nicht wirklich verstanden bzw. mich kaum dafür interessiert. Als Mann neigte ich dazu mich eher darüber lustig zu machen. Ich sah nur den Anteil, der mein Reden und Schreiben im Alltag komplizierter macht. Somit sah ich nur einen unnötigen Mehraufwand hinter dieser Veränderung. Doch dann begann ich, mich tiefer mit dem Thema Gendern auseinanderzusetzen. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr erkannte ich, dass es hier um viel mehr geht als nur um eine sprachliche Anpassung. Es geht um Respekt, Empathie und darum eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der sich alle Menschen gleichermaßen anerkannt fühlen.
Die Macht der Worte
Worte haben eine immense Kraft. Sie können heilen, aber auch verletzen. Unsere Sprache formt unsere Realität und beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen. Wenn wir Worte und somit eine Sprache verwenden, die bestimmte Geschlechter ausschließt oder gar an den Rand der Gesellschaft stellt, so tragen wir zur Verstärkung von Vorurteilen und Ungleichheiten bei. Das sogenannte Gendern ist für uns als Gesellschaft ein wichtiger Schritt, um diese Macht der Worte bewusster einzusetzen und eine inklusivere Welt zu schaffen.
Unsere Sprache hat sich in einem Patriarchat gebildet. Beschäftigt man(n) sich mit der Geschichte der Gleichstellung und Gleichberechtigung der Frau im deutschsprachigen Europa, so wird schnell klar, dass Frauen vor gar nicht langer Zeit abhängig gemacht und unterdrückt waren. So durften Frauen z.B. bis in die 1970er ohne die Zustimmung ihres Ehegatten in Österreich nicht arbeiten gehen. In Deutschland war dies ebenso der Fall, wenn vielleicht auch nicht so lange.
Klar, dass es so in unserer bisherigen Sprache ausreichend war männliche Ausdrucksformen von Berufen etc. zu nutzen. Gab es ja auch nur wenige Ärztinnen, Direktorinnen etc.
Glücklicherweise hat sich bezüglich der Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frau in den Ländern Europas und auch sonstigen Ländern in den letzten Jahrzehnten sehr viel getan. Beobachtet man die Entwicklung der Gleichberechtigung weltweit, so stimmt dies jedoch noch sehr bedenklich, da in so vielen Ländern unserer Erde Frauen immer noch massiv unterdrückt und benachteiligt werden.
Achtsamkeit lehrt uns, mitfühlender und empathischer gegenüber uns, anderen Menschen und allem Leben zu sein. Gendern erfordert, dass wir uns in die Lage anderer versetzen und ihre Perspektive verstehen lernen. Es ermutigte uns, achtsamer mit unserer Sprache umzugehen und die Bedürfnisse und Identitäten anderer zu respektieren.
Wir sind alle Teil eines größeren Ganzen. Wenn wir unsere Sprache bewusst gestalten lernen, um Geschlechtervielfalt und -identitäten anzuerkennen, tragen wir ebenso zur Harmonie und zum Gleichgewicht in dieser Welt bei. Die Veränderung unserer Sprache durch das Gendern fordert uns heraus unsere eigenen Vorurteile und Annahmen zu reflektieren und zu überdenken. Es zeigt uns vor allem auf, dass wir als Gesellschaft einen weiteren Schritt im Hinblick auf Bewusstwerdung gehen. Somit geschieht gerade etwas enorm Wichtiges und Großartiges.
Es ist nachvollziehbar, dass diese Entwicklung und Veränderung unserer Sprache vielen Menschen Angst macht. Schließlich hat man(n) sich daran gewöhnt. Vielleicht ist es auch das Festhalten an alten Strukturen und Denkmustern, oder die Angst vor Machtverlust?
Setzen wir bewusst ein Zeichen für eine inklusive Gesellschaft
Ja, unsere Zeit ist sehr herausfordernd. So viel wird sichtbar, kommt ans Licht und bedarf unserer achtsamen Aufmerksamkeit und Veränderung. Die Veränderung unserer Sprache in eine inklusive Sprache ist nur solange kompliziert, bis wir erkennen, welche Macht unsere Sprache hat und was wir mit einer Veränderung an Bewusstheit für alle Menschen schaffen können. Es benötigt lediglich ein JA von uns allen zu einer Sprache, die frei von Diskriminierung ist und bestmöglich versucht alle zu inkludieren. Ich bin der Meinung, dass sich dieser Aufwand des kollektiven Umstellens mehr als rentiert. Es ist ein großes Genschenk, wenn wir als Menschen lernen und wachsen können. Wir alle haben es in der Hand. Dafür benötigt es im Grunde auch keine Politik bzw. politischen Vorgaben. Es ist ausreichend, wenn sich jede Frau und jeder Mann dazu entscheidet, die eigene Sprache in Wort und Schrift achtsam und inklusiv zu nutzen.
4 wichtige Lehren aus dem Beitrag
1. Die Macht der Worte
Die immense Kraft der Worte, die nicht nur unsere Sprache formen, sondern auch unsere Realität beeinflussen wird klar. Worte können heilen oder verletzen, und daher sollten wir bewusst darauf achten, wie wir sprechen und schreiben, um Vorurteile und Ungleichheiten zu vermeiden.
2. Gleichberechtigung und historischer Kontext
Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter sind in vielen Teilen der Welt erst in jüngster Zeit erreicht worden. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit alte Denkmuster zu überwinden und an einer gerechteren Zukunft zu arbeiten.
3. Achtsamkeit und Empathie
Die Bedeutung von Achtsamkeit und Empathie, insbesondere im Zusammenhang mit dem Gendern. Es ist wichtig, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen und ihre Perspektiven zu verstehen, um respektvoller und inklusiver zu sprechen und zu schreiben.
4. Ein Zeichen für Inklusion setzen
Die Ermutigung, bewusst ein Zeichen für eine inklusive Gesellschaft zu setzen. Dies bedeutet, sich aktiv für eine Sprache einzusetzen, die frei von Diskriminierung ist und alle Menschen einschließt. Diese Veränderung erfordert Anstrengung, aber sie kann dazu beitragen, eine bessere, bewusstere Welt für alle zu schaffen.
Literaturverzeichnis
Bildung, B. F. P. (2008, 30. Mai). 50 Jahre Gleichberechtigung. bpb.de. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/31153/50-jahre-gleichberechtigung/
Bildung, B. F. P. (2022). Gleichberechtigung wird Gesetz. bpb.de. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/271712/gleichberechtigung-wird-gesetz/
Der lange Kampf um Gleichbehandlung: gewaltinfo.at. (o. D.). https://www.gewaltinfo.at/themen/2017_08/der-lange-kampf-um-gleichbehandlung.php
Frauenrechte und Gleichberechtigung in Österreich. (o. D.). DemokratieWEBstatt.at. https://www.demokratiewebstatt.at/angekommen-demokratie-und-sprache-ueben/frauenrechte-und-gleichberechtigung-in-oesterreich
Genderdings. (2023, 24. Januar). „Gendern“ & „Gendersprache“: Was soll das Ganze? | Genderdings. https://genderdings.de/gender/gendern/
Wikipedia-Autoren. (2003a). Generisches Maskulinum. de.wikipedia.org. https://de.wikipedia.org/wiki/Generisches_Maskulinum
Wikipedia-Autoren. (2003b). Patriarchat (Soziologie). de.wikipedia.org. https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)
Wikipedia-Autoren. (2006). Gendern. de.wikipedia.org. https://de.wikipedia.org/wiki/Gendern
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